Zusammenfassung
Seit November 1999 wird am Gesundheitsamt Kreis Aachen in Kooperation mit der Umweltmedizinischen
Ambulanz (UMA) des Institutes für Hygiene und Umweltmedizin des Universitätsklinikums
Aachen eine umweltmedizinische Bürgerberatung für interessierte Bürger(innen) des
Kreisgebietes angeboten. Die Beratungsfälle werden in einer Datenbank von Microsoft®
Access 97 dokumentiert. Bisher erfolgte eine deskriptive Auswertung aller Beratungsfälle
von November 1999 bis März 2001. In diesem Zeitraum wurden 34 persönliche und zwei
telefonische Beratungen durchgeführt. Die Beratungsfrequenz liegt im unteren Bereich
bisher publizierter Erfahrungen mit umweltmedizinischen Beratungen. Altersverteilung,
vermehrte Beratungsinanspruchnahme von Frauen, Vorherrschen unspezifischer Beschwerdebilder
decken sich mit veröffentlichten umweltmedizinischen Erfahrungen. Jedoch nehmen beim
Expositionsverdacht unspezifische innenraumassoziierte Umweltfaktoren die erste Stelle
ein, was in der Vergangenheit die Holzschutzmittel taten. Eine Einschätzung eines
möglichen Zusammenhanges zwischen vermuteten Umweltfaktoren und Beschwerdebild oder
Erkrankung der Ratsuchenden liegt mit 11,8 % etwas höher als bisher veröffentlichte
Erfahrungen, die mehrheitlich unterhalb von 10 % liegen. Diese Einschätzung ist gewiss
in erster Linie vom beurteilenden Arzt abhängig. Weitere Gründe hierfür können die
geringe Anzahl der Ratsuchenden und Selektionseinflüsse sein. Zudem ist eine eindeutige
Beurteilung nur mit umweltmedizinischer Diagnostik (Human Biomonitoring, Ortsbegehung,
Umweltmonitoring) und differenzialdiagnostischer Abklärung möglich. Überraschend hatten
76,5 % der Beratungsfälle vor der umweltmedizinischen Bürgerberatung im Gesundheitsamt
Kreis Aachen keinen Kontakt zur Umweltmedizin, so dass von einem Informationsdefizit
in der Bevölkerung über Möglichkeiten zur Abklärung umweltmedizinischer Fragestellungen
ausgegangen werden muss. Hier können regionale umweltmedizinische Wegweiser hilfreich
sein. Die umweltmedizinische Bürgerberatung am Gesundheitsamt Kreis Aachen ist ein
exzellentes Beispiel für eine zwischen Gesundheitsamt und Hochschule mit ihren jeweiligen
speziellen umwelthygienischen und -medizinischen Erfahrungen bestehende erfolgreiche
Kooperation, die Bürger(innen), die zu umweltbezogenen Gesundheitsrisiken und -beeinträchtigungen
Rat suchen, gezielt niedergelassenen Umweltmediziner(inne)n zuführen kann.
Abstract
Since November, 1999 environmental medical advice is offered to interested citizens
in the Aachen district at the District Aachen Public Health Office in cooperation
with the outpatient unit of environmental medicine (UEM) of the Institute of Hygiene
and Environmental Medicine of the University Hospital at Aachen, Germany. Advisory
cases are documented in a data bank of Microsoft® Access 97. Until now, all advisory
cases between November, 1999 and March, 2001 have been descriptively analysed. In
this period, 34 personal and two telephonic advices were performed. The frequency
of advisory activities is in the lower rang of published experiences in environmental
medicine. Age distribution, more frequent advice utilization by women than by men
and predominance of unspecific health disorders are comparable with published environmental
medical experiences. However, in respect of suspected exposures, unspecific indoor-related
environmental factors are predominant. In the past this was true for wood preservatives.
Judgement about possible relationships between suspected environmental factors and
health disorders or diseases was positive among 11.8 % of the persons seeking advice.
This percentage is higher than published experiences which mostly show values below
10 %. It must be considered that this judgement depends primarily on the physician.
Other reasons may be the too small number of advice seeking persons and selective
influences. Furthermore, a definite judgement can be made only after environmental
medical diagnostics (biological monitoring, local inspection, ambient monitoring)
and differential diagnostics. Conspicuously, 76.5 % of the advisory cases had no contact
to environmental medicine prior to the environmental medical advice at the Aachen
District Public Health Office. This points to an information deficit about possibilities
to clarify questions concerning environmental medicine in the population. In this
context a regional guide on environmental medicine may be helpful. The environmental
medical advice for citizens is an excellent example of a successful cooperation between
a public health office and an university, which have different special experience
in environmental hygiene and environmental medicine. This cooperation brings selectively
citizens seeking for advice in environment-related health risks and disorders to practitioners
specialised in environmental medicine.
Schlüsselwörter
Umweltmedizin - Gesundheitsamt - Bürgerberatung - Öffentlicher Gesundheitsdienst -
Vernetzte Strukturen
Key words
Environmental Medicine - Public Health Office - Citizen Advisory Public Health Service
- Integrated Pattern
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Institut für Hygiene und Umweltmedizin des Universitätsklinikums Aachen
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen
Email: GA.Wiesmueller@post.rwth-aachen.de